Aderlass

Aderlass. England, 14. Jahrhundert. Miniatur aus dem Luttrell-Psalter.[1]
Aderlass. Bayern, 15. Jahrhundert. Miniatur aus einem Manuskript der Bayerischen Landesbibliothek.[2]
Aderlass. Frühe Fotografie 1860.

Der Aderlass, das (Zur-Ader-)Lassen oder Aderlassen, auch die Phlebotomie (aus altgriechisch: phleps=Ader und -tomie=Schnitt) (althochdeutsch (bluot) lāzan, lāzzan, lāzsan, lazan, lāzzen, lātzen, lāzzin, lān, lōtan;[3] mittelhochdeutsch lāze, lāzen bzw. bluot lāzen, aderlæze[4] und āderlāzen; griechisch phlebotomia; mittellateinisch venaesectio;[5] englisch blood letting, bleeding, phlebotomy), ist ein seit der Antike bekanntes und bis ins 19. Jahrhundert häufig bei Menschen und Tieren[6] angewandtes Heilverfahren. Beim Aderlass zu therapeutischen Zwecken werden dem (erwachsenen) Menschen etwa zwischen 50 und 1000 ml, heute meist maximal 500 ml Blut entnommen. Nur bei wenigen Krankheitsbildern konnte ein Heilungseffekt durch Aderlass nachgewiesen werden. Infolgedessen ist er weitgehend aus dem medizinischen Alltag verschwunden.

Der Aderlass ist, wie auch das Schröpfen, eine der ältesten medizinischen Behandlungsformen. Er war schon vor der Zeit des Hippokrates (ca. 460–370 v. Chr.) bekannt und galt neben der Anwendung von Brechmitteln und Abführmitteln bis ins 19. Jahrhundert als eine der wichtigsten, wenn auch umstrittenen, medizinischen Therapieformen. Auf der Grundlage der antiken Säftelehre sollte der Aderlass schädliche oder im Übermaß vorhandene Säfte aus dem Körper entfernen.[7]

Umgangssprachlich wird gelegentlich auch die Blutspende als Aderlass bezeichnet. Auch finanzielle Einbußen oder Verluste an Soldaten und Material können im übertragenen Sinn gemeint sein.

  1. Luttrell-Psalter, London, Brit. Mus., Add. Ms. 42130, fol. 61r (Digitalisat).
  2. München, Cgm 340, Bayern um 1457, Blatt 129r
  3. Rudolf Schützeichel: Althochdeutsches Wörterbuch. 5. Auflage, Max Niemeyer Verlag, Tübingen 1995, ISBN 3-484-10636-0, S. 191.
  4. Matthias Lexer Mittelhochdeutsches Taschenwörterbuch. 38. Auflage. Salomon Hirzel Verlag, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 1992, ISBN 978-3-7776-0493-0, S. 2.
  5. Gundolf Keil: Phlebotomie (Aderlaß). In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 1155.
  6. Kurt Engert: Geschichte des Aderlasses bei den Haustieren bis zur Gründung wissenschaftlicher Pflegstätten der Tierheilkunde. Dresden 1912. Siehe auch Blut (Lebensmittel).
  7. Robert Jütte: Geschichte der Alternativen Medizin. Von der Volksmedizin zu den unkonventionellen Therapien von heute. Beck, München 1996, ISBN 3-406-40495-2, S. 12, 21, 28 und 108.

Developed by StudentB